Sven Herzberger: über seine Arbeit für den Landkreis Dahme-Spreewald


Sven Herzberger, geboren 1969 in Strausberg, ist Jurist, parteiloser Politiker – und seit März 2024 Landrat im Landkreis Dahme-Spreewald. Zuvor war er sechs Jahre lang Bürgermeister der Gemeinde Zeuthen.
Herr Herzberger, vom Bürgermeister zum Landrat – was hat Sie zum Wechsel bewogen?
Es stand eine Landratswahl an und dabei ging es darum, wie wir gemeinsam die Zukunft in unserer Heimat weitergestalten wollen. Mir war und ist es wichtig, dass wir bei allen gesellschaftlichen Herausforderungen zusammenhalten, das Gute bewahren und die notwendigen Veränderungen mit Entschlossenheit gemeinsam angehen, ohne hierbei jemanden zurückzulassen. Das heißt zum Beispiel, die Unterschiede von Nord und Süd, von Flughafenregion und ländlichen Raum, von Flughafen als Wirtschaftsmotor und starkem Emittent für die Bewohnerinnen und Bewohner im Flughafenumfeld so gut es geht in einen Ausgleich zu bringen, um so für die Zukunftsfestigkeit unserer Heimat unseres Landkreises zu sorgen. Das ist meine Triebfeder und Ansporn für die tägliche Arbeit zugleich.
Was ist gleich, was ist neu und anders?
Alles ist anders und spannend zu gleich. Natürlich gehört der Landkreis zur kommunalen Familie und es geht wie bei einer Gemeinde um die Gestaltung von guten Lebensbedingungen für unsere Bürgerinnen und Bürger. Die Aufgabe ist größer und komplexer geworden, aber der Schlüssel für die Lösung der meisten Herausforderungen liegt auch hier in der Zusammenarbeit von Menschen. Das macht es eben aus und dann doch nicht wesentlich anders als in meiner Zeit als Bürgermeister der Gemeinde Zeuthen.
Was ändert sich an Ihrem Verhältnis zum Dialogforum?
Als Landrat des Landkreises Dahme-Spreewald habe ich - im Gegensatz zu meiner Zeit als ehemaliger Bürgermeister der Gemeinde Zeuthen - den gesamten Landkreis und seine Entwicklung im Blick.
In diesem Zusammenhang ist es umso wichtiger, dass der Landkreis ein Stimmrecht im Dialogforum hat. Nur so ist es möglich, aktiv Verantwortung für die Entwicklung kommunaler Lösungen für die wachsende Flughafenregion zu übernehmen. Mit der Beschlussfassung des Kreistages vom 17.07.2024 setzt der Landkreis nunmehr seine jahrelange Mitgliedschaft als stimmberechtigtes Mitglied in den Gremien des Dialogforums fort.
Als Bürgermeister von Zeuthen haben Sie die Herausforderungen der Flughafenregion hautnah erlebt, u.a. die steigende Nachfrage nach Wohnraum und Infrastruktur bei begrenzten Ressourcen oder die Harmonisierung der Interessen von Investierenden und Anwohnenden.
Wie wollen Sie als Landrat agieren, um die Balance zwischen wirtschaftlichem Wachstum und Lebensqualität für die Anwohnenden zu sichern?
Zunächst ist festzuhalten, dass die für den Landkreis zu erfüllende Ergänzungs- und Ausgleichsfunktion gegenüber allen kreisangehörigen Städten und Gemeinden gilt. Gleichwohl besteht im wirtschaftlich starken Norden ein erhöhter Bedarf an Wohnraum und Infrastruktur aufgrund der wirtschaftlichen Entwicklung und der berlinnahen Lage.
Der Landkreis flankiert die weitere wirtschaftliche Entwicklung durch geplante Investitionen im Bereich Bildung, beim Breitbandausbau, durch Investitionen in die stetige Verbesserung des ÖPNV sowie Investitionen in den Straßen- und Radwegebau mit dem Ziel, ein hohes Maß an Lebensqualität für alle Einwohner des Landkreises zu erreichen.

Im Dialog mit dem Dialogforum, den neuen Landtagsabgeordneten und kommunalen Vertreterinnen und Vertretern: Welche konkreten Schritte werden Sie unternehmen, damit die Region nicht nur wirtschaftlich profitiert, sondern auch den tatsächlichen Bedürfnissen der Bevölkerung gemäß gestaltet werden kann?
Aufgabe des Dialogforums ist es, die Interessen der Bevölkerung zwischen den betroffenen Kommunen, dem Flughafenbetreiber sowie den Ländern zu beraten, mit- und untereinander fair, offen, transparent und konsensorientiert abzuwägen und möglichst einvernehmliche Lösungen zu entwickeln.
Zur Mitwirkung des Landkreises im Dialogforum und zu den konkreten Investitionen des Landkreises habe ich bereits ausgeführt.
Die Flughafenregion ist eine der dynamischsten Regionen Brandenburgs, Sie selbst als Landrat haben nur geringen Einfluss auf die Verkehrsinfrastruktur, können nur über Allianzen Einfluss nehmen. Mit welchen Partnern möchten Sie die gestalten und verändern?
Der Landkreis pflegt den gemeinschaftlichen Austausch mit allen Partnern bezüglich der Fortentwicklung unserer Verkehrsinfrastruktur.
Dazu gehören neben den Straßenbaulastträgern (Bund, Land, Kreis und Gemeinden) natürlich auch der Flughafen, die Deutsche Bahn sowie der Verkehrsverbund Berlin-Brandenburg.
Dem Landkreis kommt dabei oft eine moderierende Rolle zu. Als Beispiel möchte ich hier die Finanzierung einer Studie zur Ermittlung von Standorten niveaufreier Bahnquerungen im nördlichen Dahmeland anführen. Dabei handelt es sich um eine regionale Betrachtung der verkehrlichen Situation mit dem Ziel, eine verkehrliche Entlastung der Region Dahmeland mittelfristig herbeizuführen.
Eine bedeutende Rolle messe ich darüber hinaus der kreiseigenen Regionalen Verkehrsgesellschaft mbH (RVS) als unsere 100prozentige Tochter bei. Gemäß den Vorgaben des aktuellen Nahverkehrsplans realisiert diese den übrigen – also nicht schienengebundenen – ÖPNV für die Bürgerinnen und Bürger des Landkreises.
Was werden Sie tun, damit diese Entwicklung nicht in endlosen Verkehrsproblemen endet?
Wir – und damit meine ich den Landkreis und die eben benannten Partner – müssen gemeinsam an den Herausforderungen arbeiten. Hier ist entscheidend, dass es gelingt, Planungs- und Bauprozesse zu straffen und die Finanzierung sicher zu stellen.
So dürfen auch Großprojekte wie eine mögliche Verlängerung der U7 nicht an der Finanzierung durch das Land Brandenburg scheitern.

Sie haben eben die Bahnquerungsstudie erwähnt: Der Landkreis hat sie mitfinanziert. Wie kam es dazu?
Vor dem Hintergrund des geplanten Ausbaus der überregionalen Zugverbindungen nach Cottbus und der Verdichtung im Nahverkehr werden sich die Schrankenschließzeiten in den Anrainergemeinden der sogenannten Görlitzer Bahn massiv verlängern. Dies hat Auswirkungen auf die Ziel- und Quellverkehre im Siedlungsraum entlang der Bahn bis nach Königs Wusterhausen - z. B. auch auf die Zeiten für den Rettungsdienst. Die Auswirkungen auf das Straßenverkehrsnetz waren deshalb mit dem Ziel zu untersuchen, wo eine niveaufreie Bahnquerung unter ökonomischen und ökologischen Kriterien sinnvollerweise neu zu errichten wäre.
Die Studie wurde unter enger Einbindung der betroffenen Kommunen des Landkreises Dahme-Spreewald im Dialogforum erarbeitet, denn nur gemeinsam mit den Kommunen kann ein sinnvoller Kompromiss gefunden werden.
Was sind die nächsten Schritte? Wie geht es weiter?
Die Ergebnisse der Studie werden nun in den Kommunen, wie z. B. Eichwalde oder Zeuthen, vorgestellt und öffentlich diskutiert. Nach einer positiven Grundsatzentscheidung in den kommunalen Gremien erfolgt dann in enger Abstimmung auch mit dem Landkreis die eigentliche Arbeit: die Umsetzung der geplanten Bahnquerung.
Wie bewerten Sie die „Verkehrs- und Engpass-Analyse Flughafenumfeld und Teslaregion“ der Kommunalen Arbeitsgemeinschaft Dialogforum Airport Berlin Brandenburg und der Berlin-Brandenburger Industrie- und Handelskammern (IHK). Wird sie wirklich etwas bewirken und verändern?
Diese Studie macht deutlich, dass der Verkehr rund um die Flughafenregion wächst und die Infrastruktur an ihre Grenzen kommt. Daher müssen die geplanten Maßnahmen aus der Studie, sowohl für den Straßen-, Schienen- als auch den Busverkehr umgesetzt werden. Geprüft werden, muss aber mit allen Beteiligten, welche Maßnahmen sinnvoll sind, um mögliche Engpässe zu beheben. Das geht nur gemeinsam. Neben dem wirtschaftlichen Wachstum, womit sich diese Studie beschäftigt hat, muss auch die von Ihnen angesprochene Lebensqualität der Menschen im Landkreis berücksichtigt werden.
Wie wollen Sie sicherstellen, dass ökologische und nachhaltige Standards in der Flughafenregion nicht zugunsten kurzfristiger wirtschaftlicher Interessen geopfert werden?
Der Landkreis ist bekanntermaßen Gesellschafter der Berlin-Brandenburg Area Development Company GmbH (BADC) und trägt dessen Gesellschaftszweck vollumfänglich mit. Im Fokus der BADC steht die Unterstützung von Unternehmensansiedlungen im Flughafenumfeld durch fachspezifische Beratungen z. B. im Naturschutz- und Bauplanungsrecht (Eingriffsregelung). Die BADC ermöglicht es über den Auf- und Ausbau des Interkommunalen Flächenpools (INKOF) der Gesellschaftergemeinden, Investoren ökologisch sinnvolle und gebündelte Kompensationsmaßnahmen anzubieten.

Sehen Sie sich hier als Moderator oder als aktiver Gestalter?
Ökologische und nachhaltige Standards und wirtschaftliche Interessen schließen sich per se nicht aus. Beides intelligent in Ausgleich zu bringen, um Wirtschaft, die für unseren Wohlstand verantwortlich ist, zu fördern und dies unter Berücksichtigung ökologischer und nachhaltiger Standards, das muss unser Ziel sein. Hier kann die Landkreis Moderator und Motor zugleich sein.
Werden Sie das Dialogforum als Kommunikationsplattform hierzu nutzen, um mit den Gemeinden der Flughafenregion ins Gespräch zu kommen?
Das Dialogforum lebt sprichwörtlich vom kommunalen Dialog. Der Landkreis sichert als langjähriges Mitglied des Dialogforums weiterhin seine Vertretung und sein Engagement in den Gremien des Dialogforums zu. Er unterstützt damit den Austausch der kommunalen Interessen zwischen den Mitgliedern und dem Landkreis.
